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Internationaler Antikorruptionstag: Transparency Deutschland, das Netzwerk Steuergerechtigkeit und WEED e.V. fordern Konsequenzen aus Cum-Ex-Skandal

Berlin, 08.12.2019

© Paul Fiedler / Unsplash

Zum Internationalen Antikorruptionstag am 9. Dezember fordern die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland, das Netzwerk Steuergerechtigkeit und WEED e.V. die Bundesregierung auf, sich für eine lückenlose Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals einzusetzen. Politik, Verwaltung und Justiz müssen den Kampf gegen Steuervermeidung und -hinterziehung verstärken und gesetzliche Vorgaben konsequent umsetzen.

In einem der größten Steuerskandale in der Geschichte der Bundesrepublik und Europas hatten Banken und Investoren mithilfe komplizierter Aktienkäufe und -verkäufe unrechtmäßige Steuererstattungen generiert. Ein Netzwerk aus Beratern, Rechtsanwälten und Gutachtern verdiente daran mit. Diese Gewinne gehen auf Kosten der Allgemeinheit: Der Schaden für die Bürgerinnen und Bürger allein in Deutschland beläuft sich auf geschätzt 10 Milliarden Euro. Das Bonner Landgericht hat die Cum-Ex-Geschäfte vor einigen Tagen für strafbar erklärt.

Lobbyismus transparent machen

Interessenkonflikte und fehlende Lobbytransparenz spielten eine zentrale Rolle dabei, dass das System Cum-Ex über Jahre hinweg funktionieren konnte. Dazu Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency Deutschland:

„Mit Hilfe eines legislativen Fußabdrucks hätte es eine viel höhere Chance auf eine frühzeitige Unterbindung der Geschäfte gegeben. Die Einflussnahme der Verbände der Kreditwirtschaft auf die lange erfolglosen Bemühungen, Cum-Ex-Modelle durch eine Gesetzesänderung unmöglich zu machen, ist ein Skandal. Auch die Finanzinstitutionen sollten verpflichtet werden, jährlich über ihre Lobbyaktivitäten sowie ihre Maßnahmen zur Verbesserung der Compliance und des Risikomanagements zu berichten.“

Wer Steuervermeidung und Steuerhinterziehung wirksam bekämpfen will, muss Transparenz schaffen. Vor diesem Hintergrund ist völlig unverständlich, weshalb das Bundesfinanzministerium kürzlich mit dem „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ eine Bereichsausnahme für Beratungen von Finanzbehörden zu Skandalen wie Cum-Ex festgelegt hat und damit das Informationsfreiheitsgesetz umgeht.

„Die Bundesregierung sollte stattdessen Konsequenzen ziehen, die das Vertrauen in den Finanzsektor wiederherstellen“,

so Bäumer.

Aufsichts- und Kontrollbehörden stärken

Im Cum-Ex-Skandal haben die Aufsichts- und Kontrollbehörden versagt. Die Kontrolle und Aufsicht in Sachen Steuerhinterziehung und -vermeidung müssen gestärkt werden, der derzeitige Umgang der Bankenaufsicht mit Verstößen der Banken ist zu intransparent und ineffektiv. Die Bankenaufsicht sollte die Ursachen und Umstände für Verstöße sowie die Konsequenzen für die Institute und deren Verantwortungsträger veröffentlichen. Banken wiederum sollten verpflichtet werden, der Bankenaufsicht darlegen, was sie konkret unternehmen, um integres Verhalten zu fördern.

Die fragmentierte Herangehensweise der verschiedenen Behörden an die Cum-Ex-Problematik hat gezeigt, dass eine spezialisierte Einheit beim Bundesfinanzministerium und Bundeszentralamt für Steuern benötigt wird, die bundesweit großangelegten Steuerbetrug verfolgt. Besser spät als nie: Die im November angekündigte "Task Force gegen Steuergestaltungsmodelle am Kapitalmarkt" ist ein erster Schritt. Die Task Force muss allerdings technisch und personell gut ausgestattet werden, damit sie Wirkung zeigen kann.

Hinweisgeber schützen, schwarze Schafe sanktionieren

Die Aufklärung der Cum-Ex-Geschäfte wurde maßgeblich von Hinweisgebern vorangebracht. Deren Informationen wurden allerdings lange ignoriert, stattdessen wurde wie im Fall Eckart Seith sogar gegen sie ermittelt. In Deutschland fehlt nach wie vor ein effektiver Hinweisgeberschutz und ein Unternehmenssanktionsrecht mit klaren Straftatbeständen. Eine konsequente Strafverfolgung der Beteiligten ist nur mit empfindlichen Strafen wie Tätigkeitsverboten und hohen Geldbußen möglich.

Der „Steuervermeidungsindustrie“ der großen Wirtschaftsberatungsgesellschaften, die mit großem Aufwand und Kreativität an Steuergestaltungen arbeitet, muss entschieden entgegengetreten werden. Die Panama und Paradise Papers haben gezeigt, dass weite Teile des globalen Finanzsystems in intransparenten Strukturen operieren und illegitimen, wenn nicht sogar illegalen, Zwecken dienen. Nur wenn Unternehmen und Banken die Auswirkungen von Fehlverhalten konsequent zu spüren bekommen, werden sie Compliance ernst nehmen.

Hintergrund

Transparency Deutschland, das Netzwerk Steuergerechtigkeit und WEED e.V. laden am Antikorruptionstag am 9. Dezember 2019, um 16 Uhr zur Veranstaltung Cum-Ex: Der organisierte Griff in die Staatskasse – Was sind die Konsequenzen? in die Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund, ln den Ministergärten 8-10, 10117 Berlin. Auf dem Podium diskutieren Olaf Scholz, Bundesminister der Finanzen, Gerhard Schick, Bürgerbewegung Finanzwende, Judith Pöppelmann, Transparency Deutschland und Joachim Moritz, Richter am Bundesfinanzhof a.D., Steuerexperte. Hartmut Bäumer wird ein Grußwort halten und ins Thema einführen, Volker Votsmeier vom Handelsblatt wird die Diskussion moderieren.

Weiterführende Informationen

"Cum-Ex und was daraus folgt. Eine Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals", Netzwerk Steuergerechtigkeit, Dezember 2019 (pdf)

Kontakt

Transparency International Deutschland e.V.
Hartmut Bäumer, Vorsitzender
Sylvia Schwab, Pressesprecherin
presse@transparency.de
Tel.: 030 - 54 98 98 0
Mobil: 0157 - 566 283 96

Netzwerk Steuergerechtigkeit
Christoph Trautvetter, politischer Referent
presse@netzwerk-steuergerechtigkeit.de
Tel.: 030 - 217 99 994

WEED e.V.
Markus Henn, Referent für Finanzmärkte
markus.henn@weed-online.org
Tel.: 0176 - 376 309 16