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Pressemitteilung Sport

Tückische Regeln im DOSB-Safe Sport-Code

Berlin, 02.12.2024 – Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V. (Transparency Deutschland) warnt vor tückischen Vorgaben im Entwurf eines Safe Sport-Codes für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und seine Mitgliedsorganisationen. Fehlende externe Meldewege sowie Sanktionen für Verbände, die erfolgreich Fälle aufdecken, stellen die Wirksamkeit in Frage.

© Carolyn Beekhuis / pixabay

Bei seiner Mitgliederversammlung am 7. Dezember 2024 will der DOSB einen Safe Sport-Code als Regelwerk zum Schutz vor interpersonaler Gewalt in seine Satzung aufnehmen und seine Mitgliedsorganisationen auf einen gleichlautenden Muster-Code verpflichten. Neben Zweifeln an der Verständlichkeit und praktischen Umsetzung dieses 56-seitigen Regelwerks insbesondere auf den unteren Ebenen im Sport sieht Transparency Deutschland in der Meldepflicht ausschließlich an eine interne Kommission gemäß Artikel 6.3 ein hohes Risiko für den Schutz von Betroffenen und Hinweisgebern.

"Es gibt immer wieder Konstellationen, in denen Vertrauen nur in eine unabhängige, externe Meldestelle besteht. Die Verpflichtung zur Meldung an eine interne Kommission stürzt Betroffene und Hinweisgeber in ein Dilemma bzw. untergräbt ihren Schutz!" stellt die Leiterin der AG Sport von Transparency Deutschland, Sylvia Schenk, fest. "Dass bei einigen Sportorganisationen in der Zukunft vielleicht mal das geplante Safe Sport-Zentrum die interne Kommission er-setzen könnte, ändert daran für die Gegenwart nichts."
 
Sportorganisationen, die bereits eine "Kultur des Hinschauens" praktizieren, drohen zudem Sanktionen, wenn sie durch ihr entsprechendes Engagement mehr Fälle aufdecken. Als kontra-produktiv betrachtet  Transparency Deutschland daher Artikel 5.3 des geplanten Codes. Dieser sieht vor, dass Sportorganisationen für "mehrfache Verstöße … innerhalb eines Jahres" sanktioniert werden.

"Es ist völlig unverständlich, in Artikel 5.3 des Codes die Sanktionierung von juristischen Personen an die Zahl der aufgedeckten Fälle pro Jahr zu knüpfen", meint Sylvia Schenk und verweist auf die hohe Verbreitung von Verhaltensweisen in der deutschen Gesellschaft, die nach der breiten Definition des Codes interpersonale Gewalt darstellen. "Eine Sportorganisation, die alle denkbaren Maßnahmen zur Prävention und Aufdeckung getroffen hat, wird mindestens in einem Übergangszeitraum mehr Fälle ans Licht bringen als eine, die gar nichts macht. Deshalb muss man Sanktionen an unzureichende Strukturen knüpfen, nicht an tatsächliche Fälle. Das zementiert eher eine Unkultur des Verheimlichens!", so Schenk weiter."

Hintergrund
Folgende Regelungen stehen im zur Abstimmung gestellten DOSB-Code und entsprechend in dem Mustercode für die Verbände:

Artikel 6 Gebot
6.1. Bestehen Anhaltspunkte für interpersonale Gewalt, so ist deren Meldung geboten. Unter-bleibt die Meldung, liegt ein Verstoß gegen diesen Code vor.
6.2 Die Pflicht zur Meldung trifft alle natürlichen Personen, die von den Anhaltspunkten nach Artikel 6.1 Satz 1 Kenntnis erlangen und dafür einzustehen haben, dass keine interpersonale Gewalt ausgeübt wird. Die Pflicht entfällt, wenn die von Gewalt betroffene Person von der ein-zustehenden Person ernstlich verlangt, keine Meldung zu machen.
6.3 Die Meldung hat gegenüber der Ethik-Kommission unverzüglich und vollständig zu erfolgen.
6.4 Für die Voraussetzungen der Sanktionierung natürlicher Personen sowie juristischer Personen gelten die Artikel 5.2 sowie Artikel 5.3 entsprechend.

Artikel 5 Verbot
5.1 Interpersonale Gewalt ist verboten. Das Verbot gilt für alle Beteiligten (Täter*innen, Teilnehmer* innen) und jedes Verhalten (positives Tun, pflichtwidriges Unterlassen). Es schließt den täterschaftlichen Versuch sowie die versuchte Anstiftung einer anderen Person mit ein.
5.2 Die Sanktionierung einer natürlichen Person setzt deren Verschulden in Form von Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus. Beteiligen sich mehrere Personen an interpersonaler Gewalt, so verstößt jede*r von ihnen gegen das Verbot nach Artikel 5.1. Handelt eine*r der Beteiligten nicht schuldhaft, so wird dadurch die Möglichkeit der Sanktionierung der anderen Personen nicht ausgeschlossen.
5.3 Voraussetzung für die Sanktionierung einer juristischen Person sind mehrfache Verstöße von für sie handelnden natürlichen Personen gegen diesen Code innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr oder andere gravierende Umstände. Ist der Tatbestand des Artikel 5.3 Satz 1 erfüllt, ist ein Verschulden der juristischen Person anzunehmen, es sei denn, die juristische Person weist ihr Nichtverschulden nach.

Kontakt

Sylvia Schenk
Leiterin AG Sport
+49 162 4036851
presse@transparency.de