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Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft rät von Anwendungsbeobachtungen ab

Berlin, 24.07.2020

© Marek Studzinski / Unsplash

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) hat Ärztinnen und Ärzten in einer Stellungnahme von der Teilnahme an Anwendungsbeobachtungen (AWB) abgeraten. Als Gründe gab sie an, dass AWBs die relevanten Fragen, die nach der Zulassung eines Arzneimittels offenbleiben, nicht beantworten können. Als Beispiel führt sie die Arzneimittelsicherheit an.

Transparency Deutschland fordert seit langem, dass Anwendungsbeobachtungen gesetzlich verboten werden. Daher bewertet Transparency Deutschland diesen Aufruf als ersten Schritt dahin. In den vergangenen Jahren hat Transparency Deutschland mehrmals erfolgreich gegen das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geklagt. Das BfArM war zuvor nicht bereit, freiwillig alle wichtigen Unterlagen herauszugeben, um den Umgang mit AWBs auswerten zu können.

Die Auswertung dieser Dokumente durch Transparency Deutschland ergab, dass es sich dabei in den allermeisten Fällen um Scheinforschung handelt. Tatsächlich werden AWBs vorrangig dafür eingesetzt, den Umsatz einzelner Präparate anzukurbeln. Es handelt sich daher um ein mögliches Instrument für unzulässige Einflussnahme und Korruption im Gesundheitswesen.

Hintergrund

Anwendungsbeobachtungen heißen international „Post-Marketing-Studien“. Pharmakonzerne lassen Ärztinnen und Ärzte ein zugelassenes, oft schon lange auf dem Markt befindliches Medikament beobachten. Sie bezahlen sie dafür, dass sie dokumentieren, wie gut ihre Patientinnen und Patienten das Mittel vertragen. Eine aktuelle Studie wertete die Daten von fast 7.000 Ärztinnen und Ärzten aus. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass AWBs das Verordnungsverhalten beeinflussen. So verschrieben Ärztinnen und Ärzte die in den AWBs beobachteten Mittel um acht Prozent häufiger als der Durchschnitt ihrer Kolleginnen und Kollegen. Sie erhielten dafür bis zu 1.437 Euro pro Patientin oder Patient. Im schlimmsten Fall könnten AWBs für die Erkrankten riskant sein, wenn sie zunächst das Präparat verschrieben bekommen, für das gerade eine AWB-Vergütung bezahlt wird, und nicht sofort das für sie wirksamste Medikament. Die Studie stellt außerdem fest, dass die Daten aus AWBs von schlechter Qualität und damit wissenschaftlich nicht auswertbar seien.